Es gibt in Deutschland eine grundlegende Kritik am Journalismus, die sich spätestens seit 2015 auch öffentlich manifestiert hat. Sie hat sich verdichtet bis hin zu der Frage, was den Journalismus in der Gesellschaft (überhaupt) legitimiert. Durch die Digitalisierung verändert sich die Form des gesellschaftlichen Diskurses grundlegend. Eine individualisierte, dialogische Kommunikation mit dem Bürger ist auch ohne Journalismus möglich. Dies und andere Wirkmechanismen der Digitalisierung sorgen ebenfalls für Veränderungen des Berufs und der Identität des Journalismus.
Wenn der traditionelle, redaktionell kontrollierte Journalismus in eine Vertrauenskrise gerät oder von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen nicht mehr wahrgenommen wird, verliert die Gesellschaft nach herkömmlichen Vorstellungen ein System, das u.a. der Verständigung, der Kontrolle und der Wahrheitsorientierung dient. Die Auswirkungen auf die demokratische Kultur sind noch unabsehbar.
Deshalb ist es von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse zu erfahren: Welche Grundpfeiler oder Elemente der Rolle des Journalismus werden in Frage gestellt? Von welchen gesellschaftlichen Gruppen werden sie in Frage gestellt? Welche Erwartungen werden an die Funktion des Journalismus und seine Leistungen gerichtet? Um diese Fragen zu beantworten ist es notwendig, einen Überblick über die beschriebene gesamtgesellschaftliche Entwicklung herzustellen. Das beinhaltet Teilaspekte der Funktion des Journalismus nicht nur isoliert, sondern zusammenhängend und für die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen differenziert zu betrachten. Grundlegend ist dabei auch die Frage, ob und wie sich der Journalismus verändern muss, um auch in einem sich verändernden gesellschaftlichen und technologischen Umfeld eine relevante Rolle auszufüllen und ergebnisoffen zu untersuchen, ob seine Funktion auch von anderen gesellschaftlichen Systemen ohne Schaden für die Gesellschaft übernommen werden kann.
Welche Kritik, welche Erwartungen haben Menschen an den Journalismus? Welche Zukunftsvorstellungen verbinden unterschiedliche Generationen mit der gesellschaftlichen Kommunikation? Über welche Quellen beziehen sie ihre Informationen? Was leistet der Journalismus? Was leistet er nicht? Welche Rolle sollte der Journalismus in unserer Gesellschaft ausfüllen? Von wem werden in Zukunft die traditionell dem Journalismus zugeschriebenen Funktionen in Zeiten der Digitalisierung ganz oder teilweise übernommen?
Welche Auswirkungen haben Veränderungen im gesellschaftlichen Diskurs für das demokratische System? Fragen, denen wir am Lehrstuhl für „Fernseh- und Crossmedialen Journalismus“ des Instituts für Journalistik der tu Dortmund in Lehre und Forschung nachgehen.