Politiker – Königshäuser – Celebrities
Jane Fonda, Bundespräsident Johannes Rau, Königin Noor von Jordanien, Anthony Quinn, Königin Silvia von Schweden, Oliver Kahn, Königin Sirikit von Thailand, Iris Berben, Arnold Schwarzenegger, James Belushi – es klingt wie ein Name-Dropping prominenter Namen aus unterschiedlichsten Kontexten. Über viele Jahre habe ich für das ZDF in der Sendereihe „Steinbrecher & …“ versucht, den Zuschauern Menschen wie diese näherzubringen. Und das, obwohl ich mich in der „Promi-Welt“ gar nicht so zu Hause fühle. Warum?
Es ging in den Filmen nicht in erster Linie um die Prominenz dieser Menschen. Mit Iris Berben, Anthony Quinn, James Belushi und Jane Fonda habe ich – genau wie es heute für Prominente im Nachtcafé gilt – nicht über ihre neuen Projekte und Filme gesprochen. Mit Bundespräsident Johannes Rau nicht über die Stationen seiner politischen Laufbahn. Sondern über das, was ihr Leben gerade ausmacht. Was sie antreibt, welche Themen sie beschäftigen, über ihr Wirken als Schauspielerin und Schauspieler, als Bundespräsident oder als Königin hinaus.
Iris Berben war die erste. Als ich sie bei Dreharbeiten zu Rosa Roth in München besuchte, um mit ihr über ein mögliches gemeinsames filmisches Projekt zu sprechen, fragte sie, ob es ein Film über ihre bisherige Karriere sein sollte. Ich antwortete, dass mich ihre Karriere erst einmal gar nicht besonders interessiere. Dass ich vielmehr einen Film über sie drehen wolle. Und zwar am liebsten an Orten, die ihr wichtig sind. Sie schaute mich an und sagte: „Dann fahren wir nach Israel“. Ein paar Wochen später haben wir das Land bereist, waren in Tel Aviv, Jerusalem, in der Wüste und an vielen anderen Orten in Israel, die ihr etwas bedeuten. Und haben dort über ihr Leben und Ihren Bezug zu Israel gesprochen.
Bei Anthony Quinn war es ähnlich. Als ich ihn in Tivoli, 80km von Rom entfernt, getroffen habe, war ebenfalls seine erste Frage, über welche Filme wir denn sprechen wollten. Er atmete beinahe auf, als er merkte, dass es diesmal nicht vor allem um ihn als Schauspieler, sondern um ihn als Person gehen sollte. Wir verbrachten 10 Tage dort. Er zeigte uns seine Skulpturen, ich lernte seine Frau und seine Tochter kennen. Wir sprachen in einem Theater über Kunst, Lüge und Illusionen und in einem alten Olivenhain über das Alter und den Tod. Es gibt kaum eine berufliche Begegnung, an die ich so oft denke wie an die mit Anthony Quinn.
Jane Fonda trafen wir ebenfalls nicht in Hollywood, sondern in Montana. Auf der Ranch, auf der sie sich während ihrer Ehe mit Ted Turner gemeinsam mit ihm vom Stress ihres sonstigen Lebens erholte. Wir gingen fliegenfischen, durchquerten die unvorstellbar große Ranch und fuhren mit dem Boot auf einem See, der sie an eine Begegnung mit ihrem Vater, den Oskar Preisträger und Weltstar Henry Fonda erinnerte. Und daran, wie sie ihm kurz vor seinem Tod zum ersten Mal wirklich nah gekommen war.
Mit James Belushi war ich mir lange nicht sicher, ob solch ein Zugang ebenfalls gelingt. Gemeinsam mit dem Team verbrachten wir mit dem Hollywood-Schauspieler Zeit in Las Vegas und in Los Angeles, aber ich hatte zu Beginn den Eindruck, dass er nicht wirklich aus seiner Rolle kommt. Bis er uns schließlich bei ihm zu Hause einen Super-8-Film über eine Reise nach Albanien zeigte, der Heimat seines Vaters. Gemeinsam mit ihm, der damals schon krank war, hatte er die Orte besucht, die Belushi selbst nie zuvor kennengelernt hatte. Und doch spürte er eine tiefe Verbundenheit zu den Plätzen, an denen sein Vater aufgewachsen war. Und auch zu den Menschen, deren Sprache er ja gar nicht sprach. Und plötzlich war der Hollywood-Schauspieler ganz weit weg.
Nach der erfolgreichen ersten Staffel dieser Reihe, zu der auch Filme über Arnold Schwarzenegger und Gina Lollobrigida gehörten, fragte mich der damalige ZDF-Intendant Markus Schächter, ob ich mir vorstellen könnte, solche Filme auch über Königs- und Adelshäuser zu drehen. Ich zögerte. Royals und Adelshäuser interessierten mich bis dahin – offen ausgedrückt – überhaupt nicht. Aber vielleicht würde es ja wie bei den Schauspielerinnen und Schauspielern gelingen, sie auch außerhalb der üblichen formalen Umgebung kennenzulernen. Wir starteten also eine Offensive bei den europäischen Königshäusern und hörten: Lang Zeit nichts. Allerdings hatten wir auch Kontakt zum jordanischen Königshaus aufgenommen. Königin Noor hatten wir als Referenz den Film über Jane Fonda geschickt. Der gefiel ihr sehr und sie sagte zu.
In Jordanien angekommen bekamen wir einen Vorgeschmack auf das, was in Königshäusern üblich ist. Die zuständige Pressereferentin wurde nicht müde zu betonen, dass sie von mir einen Fragenkatalog brauche, den Sie der Königin vorlegen müsse. Ich entgegnete, dass ein Film, wie wir ihn planen, so nicht funktioniere und wir mit ihr keine vorbesprochenen Interviews führen könnten. Widerwillig und nach Rücksprache mit der Königin ließ sie sich darauf ein. Und so konnten wir eine andere Königin zeigen. Wir reisten mir ihr im Jeep durchs Land, machten Pause in Beduinen-Zelten, erlebten sie zu Hause mit König Hussein und bei diversen offiziellen Anlässen. Wir sprachen mit Königin Noor, die in den USA aufgewachsen ist und dort als Architektin gearbeitet hatte, über ihre Brückenfunktion zwischen westlicher und arabischer Welt. Kein staatstragender Film, sondern eine Reportage, die den Alltag einer Königin einfangen wollte.
Hatten wir bis dahin von vielen Königshäusern noch gar keine oder verhaltene Rückmeldungen erhalten, war der Film über Königin Noor so etwas wie eine Visitenkarte, die uns plötzlich die Türen öffnete. So folgten u.a. Filme über Königin Silvia von Schweden, Ex-Kaiserin Soraya und über Königin Sirikit von Thailand. Anschließend auch über Sportler wie Oliver Kahn und Politiker wie den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau. Die Begegnungen mit Johannes Rau waren besonders spannend, weil er nach anfänglichen Schwierigkeiten darum kämpfte, das Amt des Bundespräsidenten mehr und mehr auszufüllen, was ihm schließlich auch gelang.
Es ist spannend, auch die Welt der Royals und der Hollywood-Schauspieler kennenzulernen, aber ich konnte und kann mir nicht vorstellen, das zur Daueraufgabe zu machen. Es sind journalistische Ausflüge in eine andere Welt, nicht mehr. Im Nachtcafé, im Gespräch mit vor allem unbekannten Menschen, fühle ich mich auch auf Dauer zu Hause, nicht in Hollywood und auch nicht in den Palästen dieser Welt.
Meine beruflichen, journalistischen Wurzeln liegen bei DOPPELPUNKT. In der Diskussion mit unbekannten Menschen, die etwas zu sagen und nichts zu verkaufen haben. Die keine Lobby haben und denen wir eine geben wollten. Diese Arbeit habe ich kontinuierlich fortgesetzt. Bei 37 Grad plus. In vielen Filmen, z.B. über AIDS-Kranke, Strafgefangene und Verlierer und Gewinner der Wiedervereinigung. Oder auch an der Universität als Leiter des landesweiten TV-Senders NRWision, der sich seit zehn Jahren ebenfalls erfolgreich zum Ziel setzt, denen eine Stimme zu geben, die sonst nicht gehört werden. Selbst wenn die Arbeit für „das aktuelle sportstudio“ viele Jahre lang sichtbarer gewesen sein mag: Das, was ich bei DOPPELPUNT angefangen hatte, war für mich immer Kern meines journalistischen Selbstverständnisses. Endgültig dahin zurückgekehrt bin ich mit der Moderation des Nachtcafés. In dieser Sendung fühle ich mich deshalb auch sehr zu Hause.
Warum habe ich über viele Jahre auch Filme über Politiker, Königshäuser und Prominente gedreht? Weil auch diese Gruppen Teil dieser Gesellschaft sind. Weil ich für die Zuschauer einen Blick in ihre Welt werfen wollte. Aber ich bin nie ein Teil dieser Welt geworden. Trotzdem haben sie mein Bild von ihr kompletter gemacht.
Was war trotzdem reizvoll daran? Mehrere Wochen lang Bundespräsident Johannes Rau zu begleiten, in dienstlichen und privaten Begegnungen, hat mir sowohl den Menschen und Politiker als auch das Amt nähergebracht. Mit Königin Noor von Jordanien durch Jordanien zu reisen, sie im Palast, aber eben auch bei Anlässen überall im Land zu treffen und mit ihr über ihre politischen Vorstellungen und ihre Mittlerfunktion zwischen den Welten im Nahen Osten zu sprechen.